LG Hamburg: Abmahnfalle Verlinkung? Mithaftung für Urheberverstöße bei Verlinkung?
Hamburg – Als Internetexperte weiß ich, dass eine Grundidee des Internets die Verlinkung von Informationen ist. Der Erfinder des World Wide Web bzw. der HTML Programmiersprache (Tim Berners-Lee) setze im Kern genau auf diese „Hyperlinks“, um Informationen von Relevanz zu sortieren und Inhalte auf unterschiedlichen Servern verfügbar zu machen. Nun kommt ein aus meiner Sicht sehr fragwürdiger Richterspruch vom Landgericht Hamburg:
Wer auf seiner Internetseite einen Link zu einer fremden Seite setzt, die zum Beispiel geklaute Bilder nutzt, der kann abgemahnt und in Haftung genommen werden.
Jetzt mal Ehrlich: Was sitzen da für unqualifizierte und weltfremde Richter beim Landgericht Hamburg?
Abmahnfalle Verlinkung – Ende vom Internet?
Als Betreiber von zahlreichen Informationsdiensten mit Gewinnerzielungsabsicht frage ich mich gerade ernsthaft, ob die Richter am Landgericht Hamburg noch alle Tassen im Schrank haben. Bei über 40 Internetseiten mit einem riesigen Nachrichtenpool (ich schätze grob mit über 500.000 Veröffentlichungen seit 2009) stehe ich nun also quasi immer mit einem Bein im Gefängnis bzw. muss täglich mit teuren Abmahnungen rechnen. Das aktuelle Urteil kommt meiner Meinung nach einem Berufsverbot gleich. Ob das so in der jetzigen Version lange Bestand haben wird, bezweifle ich!
Das Landgericht Hamburg hat in seinem Beschluss vom 18.11.2016 (AZ 310 0 402/16) einem Fotografen recht gegeben, der um einstweiligen Rechtsschutz geklagt hat. Der Fotograf wurde vor Gericht von der Sozietät Spirit Legal vertreten. Der Fotograf war im Internet auf eine Website gestoßen, auf der ein Artikel zu finden war mit einem seiner Bilder. Das Bild wurde zwar unter (kostenfreier) Creative Commons Lizenz zur Nutzung freigegeben, wurde jedoch gegen die Lizenzvorgaben vom Abgemahnten bearbeitet, ohne diese Bearbeitung kenntlich zu machen. Ebenfalls wurde der Fotograf nicht namentlich genannt. Ein klarer Urheberverstoß – soweit so gut!
Vor dem Landgericht Hamburg wurde jedoch nicht dieser Websitebetreiber und der eigentliche Urheberrechtsvertoßer angeklagt, sondern seltsamerweise ein anderer Websitebetreiber, der lediglich auf seiner Homepage einen Textlink zur verstoßenden Internetseite. Das eigentliche Korpus Delikti wurde nicht eingebunden!
Und jetzt kommt der eigentliche (weltfremde) Wahnsinn: Das LG Hamburg entschied, dass auch die bloße Verlinkung auf solch einer Urheberrechtsverletzung – wie hier auf eine nicht lizenzierte Fotografie – eine eigene Urheberrechtsverletzung sein kann.
Was die Richter mit ihrem Richterspruch nun getan haben, dass erkennen nicht nur Internetexperten! Sie haben eigentlich in diesem Moment das Internet kaputt gemacht. Zerstörrt – den eigentlichen Sinn – die Verbreitung von Informationen und das „Weitererzählen“ von Informationen unmöglich gemacht. Sie haben mehr oder weniger sogar die freie Meinungsäußerung massiv ausgehebelt.
Die Richter haben mit ihrem Schwachsinn ebenso eine ganze Abmahnindustrie geschaffen, die nun ohne Skrupel jeden erst einmal abmahnen können, der irgendwann mal auf eine Website einen Link gesetzt hatte, die heute vielleicht schon von einem Domaingrabber übernommen wurde und dort dubiose Informationen verbreitet. Oder vielleicht Raubkopien verbreitet. Oder sonstige Urheberrechtsverletzungen.
Was heißt dieses Urteil konkret?
In der Realität ist es nicht überschaubar, ob eine Internetseite, die man verlinkt, eine Urheberrechtsverletzung heute, morgen oder übermorgen begeht. Nach diesem Richterspruch muss ich eigentlich jeglichen „HREF“ in meiner MySQL Datenbank suchen und löschen.
Wenn dieser Richterspruch nun zur Entfernung von allen Verlinkungen führen sollte, dann wir unter anderem die Google Suche auch nicht mehr funktionieren. Weil diese basiert im Ranking nach wie vor überwiegend auf die Verlinkungsbasis bzw. welche Internetseiten wie oft verlinkt werden. Ebenso muss sich jede kommerzielle Facebookseite nun fragen, ob sie noch irgendwo ein „Like“ setzt. Diese „gefällt mir“ Funktion ist ja – wenn man mit den Synapsen dieser Richter denkt – ja auch im weitgehenden eine Verlinkung – genauso, wie das Teilen von Informationen. Keiner weiß, ob das Vorschaubild nicht „geklaut“ ist!
Ich bin nun gespannt, wann die erste Abmahnwelle startet. Die ersten die es trifft, müssen dann wohl die Musterprozesse führen, um dieses schwachsinnige Urteil wieder gerade zu rücken. Also in diesem Sinne: Vorsicht beim Linksetzen!
In meinem YouTube-Kanal gibt es hierzu ebenfalls ein Podcast:
Foto: Pixabay.com